Als erklärte Eso-Spinnerin glaube ich ja an alle möglichen seltsamen Sachen. Darunter auch die Theorie, dass wenn man es in diesem Leben nicht auf die Reihe kriegt, man irgendwann wieder geboren wird, um es besser zu machen. Und da das ein ziemlich universales Konzept ist, gilt es nicht nur für Menschen, sondern auch zum Beispiel für Wolle.
Dazu eine kleine Geschichte.
Anfang 2010 hatte ich das dringende Bedürfnis, mich mal als Pullover-Designerin zu versuchen. Hatte eine großartige Idee, habe sofort Wolle bestellt, und drauf los gestrickt:
Und festgestellt, dass Rechenkünste allein noch keinen gut sitzenden Pullover machen (ich kenne meine Arme seit 26 Jahren, aber wer hätte gedacht, dass sie ausgerechnet da sitzen? Man lernt nie aus...)
Also einmal volle Kraft zurück:
Alle Maße neu durchgerechnet und zum zweiten Anlauf ausgeholt. Da gab es nur ein kleines Problem: Um den Sitz des ersten Versuchs realistisch prüfen zu können, habe ich das Teil einmal gewaschen, weil Wolle ja ziemlich überraschend reagieren kann, wenn sie mit Wasser in Berührung kommt. Das bedeutet aber auch, dass die Wolle gewissermaßen schon vorgeprägt ist, also nicht mehr gleichmäßig glatt und rund, sondern etwas gewellt. Ich habe versucht, das optimistisch zu ignorieren, aber:
das Maschenbild wurde einfach nicht mehr so gleichmäßig, wie ich es mir gewünscht hätte (ist auf dem Photo schwer zu erkennen, aber in echt sieht man es auf mindestens 20 Meter Entfernung - naja, ich zumindest...)
Gut, wenn man es wirklich drauf anlegt, kann man die Wolle aufhaspeln und liebevoll wieder in sowas wie den Urzustand päppeln, aber ich war inzwischen ein kleines bisschen frustriert. Das Projekt wurde daraufhin für unbestimmte Zeit ins Nirvana verbannt.
(An dieser Stelle möge sich der geneigte Leser eine Zeitraffermontage von sausenden Uhrzeigern, fliegenden Kalenderblättern und ergrünender und erbraunender Vegetation vorstellen. Mein Special Effects Budget ist diesen Monat leider anderweitig vergegeben)
Anfang diesen Jahres ergab es sich dann, dass ich eine größere Wollbestellung tätigte, welche auch Wolle für ein neues Inspirationsobjekt enthielt. Nach längerer Abstinenz wollte ich mich mal wieder mit dem Lace / Spitzenstricken befassen und hatte auch scon recht klare Vorstellungen, wie das neu zu schaffende Teil aussehen sollte. Alles, was fehlte, was ein Muster, an dem ich mich orientieren konnte. Also flugs zum Bücherregal, und Musterbücher gewälzt.
Und festgestellt, dass ich zwar einen eklatanten Mangel an Lace-Mustern, aber dafür ein paar andere Schätze besitze, unter anderem das Buch Knitting Lingerie Style mit dem Laced-Front Sweater. In den hatte ich mich schon vor einer Weile verliebt, ihn dann aber wieder aus den Augen verloren (Ja, ich hab schon versucht, was gegen meine kurze Aufmerksamkeitsspanne zu tun, wurde aber immer abgelenkt...). Und da fiel mir ein, dass ich ja noch das schöne blaue Kuschelgarn habe. Das hatte nun lange genug im Nirvana geschmort und sollte eine zweite Chance bekommen, seiner Bestimmung nachzugehen.
Leider habe ich auch das Problem, dass ich keine Anleitung nachstricken kann, wie sie da steht, also habe ich ein paar Änderungen vorgenommen. Nämlich zuerst die Ärmel gestrickt, dann die Schulterteile von oben angeschlagen:
Und schließlich die Rücken- und Seitenteile in einem nach unten gestrickt. Das hatte den Vorteil, dass ich einfach stricken konnte, bis die Wolle ausging, ohne mir Gedanken zu machen, ob es auch noch bis zur Schulter reicht.
Und das Ergebnis:
Wiedergeburt gelungen, würde ich sagen :-)
(Lana Grossa - Pashmina - 78% Merino extrafine, 22% Cashmere - Farbe 36 hellblau - Nadelstärke 4)
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1 Kommentar:
Definitiv gelungen.
Sieht sehr schick aus. :)
Gruß
Kai
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